
Administrative Prozesse lassen sich meist sehr gut digitalisieren, vor allem wenn ein Regelwerk dahinter steht. Doch woran scheitert die Digitalisierung in vielen Unternehmen? Wo liegen die Probleme bei der Digitalisierung? Unser Gastautor Stephan Boehnke weiß aus eigener Erfahrung mit seiner HR Consulting- & Training-Agentur, dass der Mensch selbst einer der größten Störfaktoren im Transformationsprozess ist.
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Ich bin ursprünglich gar kein Personaler. Ich habe „Automatisierung der Verfahrenstechnik“ studiert. Als Ingenieur durfte ich an der Automatisierung in Berliner Kraftwerken mitwirken. Die Abläufe in solchen technischen Anlagen kann man durchaus als komplex beschreiben, aber es kann in diesen Kraftwerken ein sehr hoher Automatisierungsgrad erreicht werden. Die Basis dafür sind die Naturgesetze und das war es auch schon.
Administrative Prozesse sind kompliziert, aber nicht komplex
Wenn man sich in administrativen Bereichen bewegt, hört man oft von komplexen Prozessen. Dazu ein kleiner Spoiler: Komplexe Prozesse gibt es in der Verwaltung nicht – nirgendwo. Verwaltungsprozesse sind kompliziert, aber nie komplex. Sie sind immer nur dann kompliziert, wenn das zugrunde liegende Regelwerk so formuliert ist, dass kaum jemand versteht, was gemeint ist. Solche Formulierungen sind typisch für Gesetze und im Personalbereich zum Beispiel für Tarifverträge und Betriebsvereinbarungen. Dennoch ist es gut zu wissen, dass den Verwaltungsabläufen eigentlich immer ein Regelwerk zugrunde liegt.
Regelwerke lassen sich sehr gut digitalisieren
Wenn ich in Unternehmen komme und Digitalisierungsprojekte begleite, frage ich als erstes nach dem Regelwerk zum Prozess. Oft schaue ich dann in fragende Gesichter. Den meisten Unternehmen ist gar nicht bewusst, dass sie bereits nach einem Regelwerk arbeiten. Nur eben analog und nicht digital. Das Schöne an diesen Regelwerken ist, dass wir manuelle Prüfschritte, die in den Regelwerken beschrieben sind, sehr gut digitalisieren können. Ich kann eine Regel immer in einen Algorithmus packen und damit von einer Maschine ausführen lassen. Das erhöht die Prozesssicherheit und die Prozessgeschwindigkeit. Damit verändert die Digitalisierung auch die gesamte Arbeitswelt der Prozessbeteiligten.
Genau hier liegt das Problem! Menschen sind Gewohnheitstiere. Wir reagieren sehr individuell auf Veränderungen in unserem Umfeld. Daher ist eine der größten Herausforderungen bei Digitalisierungsprojekten nicht die Kompliziertheit der Prozesse selbst, sondern das Verhalten der Menschen, die an den Prozessen beteiligt sind.
Der Mensch selbst ist eines der Probleme bei der Digitalisierung
Kleines Beispiel: Der Vorstand wünscht eine umfassende Digitalisierung der Arbeitswelt. Ein Projekt wird aufgesetzt und Geschäftsprozesse werden digital abgebildet. An einigen Prozessen ist auch der Vorstand beteiligt, der aus alter Gewohnheit E-Mails ausdrucken lässt und Antworten auf diese Mails diktiert. Leider gibt es auf der ausgedruckten Mail keinen Button für den Freigabeprozess und die Compliance-Anforderungen verbieten es, dass die Berechtigung vom Vorstand auf das Sekretariat übertragen wird. Und schon bleibt der Prozess hängen – interessanterweise bei demjenigen, der ihn so haben wollte. Kommt das jemandem bekannt vor?
Der „Störfaktor“ Mensch ist die größte Herausforderung bei Digitalisierungsprojekten. Der Mensch macht in der Regel nicht das, was er soll, sondern das, was wer will. Deshalb sehen wir solche Projekte immer als Transformationsprojekte und nicht als rein technische Projekte.
Wer mehr über die vielfältigen Probleme bei der Digitalisierung in Unternehmen erfahren möchte oder an einem Austausch interessiert ist, kann gerne den Autor direkt kontaktieren unter: kontakt@boehnke-hr-consult.com