Unternehmenswachstum und Nachhaltigkeit stehen oft im Widerspruch zueinander. Dies liegt aber nur daran, dass häufig auf kurzfristigen Erfolg ausgerichtete Unternehmensstrategien verfolgt werden, die zu diesem Widerspruch führen. Vorstands- und Top-Managementverträge sind selten auf „Dauer“ angelegt, sondern häufig auf drei bis fünf Jahre befristet. Entsprechend selten werden langfristige Strategien entwickelt, die über die Tätigkeit der verantwortlichen Topmanager hinausgehen. Wie es anders geht, erläutert unsere Gastautorin Saskia Schoor von unserem Partner „Stephan Boehnke HR Consulting & Training“ am Beispiel eines nachhaltigen Personalmanagements – auch Green HR genannt.
Nachhaltiges Handeln in Unternehmen ist ein schwieriges Unterfangen. Denn Entscheidungsträger:innen agieren oft auf Basis der Deadline des aktuellen Projektes oder sogar auf Basis des Enddatums des eigenen Vertrages. Selten handeln sie auf Basis der gewünschten Lebensdauer des Unternehmens. Der Grund: Kurzfristige Gewinne werden höher bewertet als Projekte, die erst langfristig ihr volles Potenzial entfalten. Fakt ist aber, dass wir in Deutschland drei Erden verbrauchen, um unseren durchschnittlichen Rohstoffbedarf zu decken. Glauben Sie nicht? Dann errechnen Sie selbst Ihren individuellen CO2-Fußabdruck mit dem WWF-Klimarechner.
Da wir bekanntlich nur eine Erde zur Verfügung haben, müssen wir unser Handeln anpassen. Nicht nur im Privaten, sondern auch auf unternehmerischer Ebene. Dabei ist der Klimawandel schon so weit fortgeschritten, dass wir das Problem nicht mehr auf künftige Generationen abwälzen können. Wir sind die Generation, die jetzt handeln muss, um unsere Lebensqualität und die der nachfolgenden Generationen zu sichern.
Personalverantwortliche müssen ihren Planungshorizont erweitern
Als Personalverantwortliche können wir einiges tun, um unsere Lebensqualität zu erhalten oder sogar zu verbessern und gleichzeitig die Lebensbedingungen zukünftiger Generationen positiv zu beeinflussen. Um nachhaltig handeln zu können, müssen wir unseren Planungshorizont von den unmittelbaren Terminen lösen und in die ferne Zukunft projizieren. Unser Ziel als Manager:innen sollte es sein, das langfristige Bestehen unseres Unternehmens zu sichern. Daher müssen wir Entscheidungen treffen, die nicht nur kurzfristige Gewinne bringen, sondern deren Folgen auch unsere zukünftigen Gewinne sichern. Projekte, die dieses Ziel erreichen, weisen eine positive Bilanz in ökonomischer (Profit), sozialer (People) und ökologischer (Planet) Hinsicht auf. Das langfristige Ziel lautet daher: Green HR.
Nachhaltigkeit bedeutet mehr als nur „recyclebar“
Damit Unternehmen umfassend nachhaltig handeln, müssen sie die drei Säulen der Nachhaltigkeit beachten. Die vom Deutschen Bundestag eingerichtete Enquete-Kommission „Schutz des Menschen und der Umwelt“ entwickelte bereits 1995 das „Drei-Säulen-Modell“ einer nachhaltigen Entwicklung.1 Dabei handelt es sich um folgende Aspekte:
- Ökologie: Unternehmen sollen so handeln, dass sie Ressourcen nur in dem Maße beanspruchen, wie sie sich regenerieren können. Also zum Beispiel keinen Raubbau an der Natur betreiben oder Energie und andere Ressourcen verschwenden.
- Ökonomie: Wirtschaftliches Handeln ist dann nachhaltig, wenn es dauerhaft betrieben werden kann, ohne zukünftige Generationen zu schädigen.
- Soziales: Ein Unternehmen ist sozial nachhaltig, wenn es ethisch handelt und sowohl für gute Arbeitsbedingungen als auch für das Gemeinwohl sorgt.
Das „Drei-Säulen-Modell“ wurde erstmals 2002 auf dem Weltgipfel in Johannesburg als Maßstab für Nachhaltigkeit in internationalen Verträgen verwendet. Es soll sowohl Institutionen als auch Unternehmen helfen, nachhaltige Leitlinien zu formulieren und umzusetzen.
Green HR – was bedeutet es konkret?
Nachhaltiges Personalmanagement – also Green HR – ist die Weiterentwicklung der Personalarbeit mit einer zukunftsorientierten Strategie. Dies beginnt bereits beim Recruiting. Die Einstellung von Mitarbeitern, die ein Nachhaltigkeitsverständnis mitbringen bzw. dieses in Schulungen entwickeln und im Arbeitsleben umsetzen, trägt entscheidend dazu bei, dass ein Unternehmen die Prinzipien des Green Managements verinnerlicht und danach handelt.
Dies wirkt sich auch auf die Arbeitszufriedenheit der Mitarbeitenden aus, wie Forscher in einer Studie aus dem Jahr 2023 berichten.2 Insbesondere Umwelttrainings und Programme zur Steigerung des Umweltbewusstseins tragen dazu bei, dass die Mitarbeitenden ihr Unternehmen positiver wahrnehmen und insgesamt zufriedener mit ihrer Arbeit sind. Ein weiterer wichtiger Faktor: Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die in umweltfreundliche Aktivitäten eingebunden sind und dafür Anerkennung erhalten, zeigen ebenfalls eine höhere Arbeitszufriedenheit.
Green HR bedeutet also nicht, alles neu zu denken, sondern die notwendigen Kompetenzen bei den Mitarbeitenden aufzubauen und die Motivation zu fördern, damit sie aus den vorhandenen Ressourcen das Beste herausholen. Das Ziel sollte dabei immer sein: Den Unternehmenserfolg langfristig sichern.
Für Personaler:innen ergeben sich drei Hauptthemen
Digital HR (Digitalisierung) macht nachhaltiges Personalmanagement erst möglich. Gleichzeitig ist es ein wesentlicher Bestandteil von Green HR, denn es macht Unternehmen schlanker (Entbürokratisierung), ermöglicht agile Arbeitsmethoden (Home Office, Workation, flexible Arbeitszeiten) und schont bei all dem die vorhandenen Ressourcen (weniger Bürofläche, weniger Papierverbrauch etc.).
Personalentwicklung (Wissensmanagement) soll helfen, nachhaltige Prozesse zu beleuchten. Damit werden die Mitarbeiter:innen motiviert, nachhaltiger zu handeln. Zudem wird Vertrauen aufgebaut und das Zusammengehörigkeitsgefühl gestärkt. Nicht zuletzt fördert Personalentwicklung Innovation, Produktivität und Zukunftsfähigkeit des Unternehmens. Das Wissen der Mitarbeiter:innen sollte daher als Wettbewerbsvorteil gesehen werden.
Nachhaltige Führung (Unternehmenskultur) steht im Zusammenhang mit der Leistungsfähigkeit und der Arbeitszufriedenheit der Mitarbeitenden. Sie ist wichtig für die Förderung der Arbeitsmoral und der Produktivität. Agilität und Authentizität in der Führung fördern grundsätzlich ein kooperatives und kollegiales Arbeitsklima.
Key Performance Indikatoren (KPIs) für nachhaltiges Personalwesen
Die Umsetzung nachhaltiger Strategien in Unternehmen wirkt sich nachweislich positiv auf die Mitarbeiterzufriedenheit aus. Doch wie lässt sich der Einfluss von Green HR auf den Unternehmenserfolg messen? Welche Kennzahlen sind besonders aussagekräftig? Dieser Frage geht der HR-Dienstleister Haufe in einem Beitrag für Corporate Sustainability nach.3 Darin werden folgende Key Performance Indicators (KPIs) für ein nachhaltiges Personalmanagement definiert:
- Fluktuationsrate der Mitarbeitenden
- Krankheitsquote der Belegschaft
- Durchschnittsalter der Angestellten
- Altersstruktur im Unternehmen
- Gleichstellung und Frauenanteil in Führungspositionen
- Weiterbildungsprogramme für Mitarbeitende
- Unfallzahlen innerhalb der Belegschaft und generelle Arbeitssicherheit
Wenn Sie mehr darüber erfahren möchten, können Sie gerne unserer ausführliches Whitepaper zu Green HR dkostenlos downloaden. Darin zeigen wir konkrete Wege auf, wie man in der Personalabteilung mehr Nachhaltigkeit in Geschäftspraktiken einbringt. Wir beleuchten aber auch jene Aspekte, die vom nachhaltigen Handeln abhalten. Jetzt direkt zum Download.
- Wissenschaftliche Dienste des Deutschen Bundestages: Der aktuelle Begriff „Nachhaltigkeit“ (aufgerufen am 25. Juni 2024) ↩︎
- Researchgate: Impact of Green Human Resources Management on Job Satisfaction (aufgerufen am 25. Juni 2024). ↩︎
- Haufe: Corporate Sustainability (aufgerufen am 25. Juni 2024) ↩︎